Das kognitive Modell der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) besagt vereinfacht: Nicht die Situation an sich beeinflusst die Gefühle einer Person, sondern die Art und Weise, wie die Person die Situation interpretiert. Gefühle und Verhalten werden durch die Wahrnehmung von Ereignissen beeinflusst.

Situation / Ereignis >> Automatische Gedanken >> Reaktion (emotional, Verhalten, körperlich)

Jeder Mensch entwickelt von Kindheit an bestimmte Annahmen (beliefs) über sich, andere Menschen und seine Umwelt. Seine innersten, tief verwurzelten Grundannahmen, die Dinge, die „nun einmal so sind“, werden nicht hinterfragt und oft nicht einmal ausgesprochen (auch nicht sich selbst gegenüber). Er hält diese Annahmen für absolut wahr. Diese Grundannahmen bilden die unterste Ebene der Annahmen. Sie sind situationsunabhängig, starr und übergeneralisiert. Die Gedanken, die jemanden in bestimmten Situationen automatisch durch den Kopf gehen, basieren auf den Grundannahmen. Sie werden automatische Gedanken genannt. Dazwischen liegt die Kategorie der sog. ‚bedingten Annahmen‘ (intermediate beliefs).

Grundannahmen >> Bedingte Annahmen (Einstellungen, Regeln, Grundsätze) >> Automatische Gedanken

Zusammen genommen sieht das kognitive Modell wie folgt aus:

Grundannahmen >> Bedingte Annahmen (Einstellungen, Regeln, Grundsätze) >> Situation / Ereignis >> Automatische Gedanken >> Reaktion (emotional, Verhalten, körperlich)

Ein mögliches Beispiel:

Grundannahme: „Ich bin unfähig.“ >> Bedingte Annahmen: Einstellung „Es ist schrecklich, zu versagen.“, Regel „Lieber aufgeben, wenn die Herausforderung zu groß ist.“, Grundsätze „Wenn ich etwas Schwieriges versuche, werde ich versagen“ und „Wenn ich dies vermeide, ist alles in Ordnung.“ >> Situation / Ereignis: „Lesen eines schwierigen Textes.“ >> Automatische Gedanken: „Das ist einfach zu schwierig. Ich bin so dumm. Ich verstehe das nie.“ >> Reaktion: emotional „Entmutigung“, Verhalten „Weitere Beschäftigung mit dem Text vermeiden. Statt dessen andere Aktivität.“, körperlich „Körper fühlt sich schwer an.“

Bedingte Annahmen sind einer Veränderung leichter zugänglich als die Gundannahmen. Obwohl die Grundannahmen nie offen ausgesprochen wurden, beeinflussen sie Denken und Verhalten. Wir entwickeln bestimmte Verhaltensmuster um mit unseren Grundannahmen (z.B. von eigenen ‚Defiziten‘) umzugehen.

In der kognitiven Verhaltenstherapie bildet das sog. Kognitive Fallkonzept den Rahmen für das therapeutische Verständnis und den daraus abgeleiteten Therapieschritten. Welche Probleme hat der Klient im Moment? Wie sind diese entstanden und wie werden sie aufrechterhalten? Welche dysfunktionalen Gedanken und Annahmen sind mit diesen Problemen verknüpft? Wie sieht der Klient sich selbst, seine Umwelt, seine Zukunft? Was sind die zugrundelegenden Annahmen (einschließlich der Einstellungen, Erwartungen und Regeln)? Wie geht der Klient mit seinen (dysfunktionalen ) Kognitionen um? Welche Stressoren tragen zur Aufrechterhaltung bei bzw. stören deren Auflösung? Die Hypothesen des Therapeuten über die innere Landkarte des Klienten sind das Kognitive Fallkonzept. Die Therapie ist eine gemeinsame Reise auf den Wegen dieser inneren Landkarte mit dem Ziel an einem vom Klienten bestimmten Ziel anzukommen. Ein gründliches Fallkonzept d.h. ein möglichst genaues Bild der inneren Landkarte hilft eine Reiseroute festzulegen. Das Fallkonzept ist immer in Bewegung und unterliegt ständigen Änderungen. Jede neue Information bestätigt, verwirft oder modifiziert Hypothesen. Ein Fallkonzept ist dann zutreffend, wenn der Klient bestätigt, dass es sich ‚richtig anfühlt‘.

(Quelle: Praxis der Kognitiven Verhaltenstherapie, Beck)