Wir Menschen sind die einzigen Kreaturen, für die die eigene Existenz das Problem ist. Unsere Existenz ist immer von dem Wissen überschattet, dass wir wachsen, gedeihen und unausweichlich welken und sterben werden. Epikur glaubte, dass es unsere allgegenwärtige Furcht vor dem Tod sei, welche Grundwurzel allen Elends sei und keine Freude ungetrübt lasse. Epikurs Position „Da wir tot sind, wissen wir nicht, dass wir tot sind, und was gibt es in diesem Falle zu fürchten?“ ist quasi die Antwort auf Woody Allen: „Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich will nur nicht dabei sein, wenn er kommt“.

Im jungen Erwachsenenleben werden die Todesängste durch zwei Hauptaufgaben beiseitegeschoben: Karriere machen und eine Familie gründen, Jahrzehnte später ereilt uns die Midlife-Crisis, und die Furcht vor dem Tod bricht erneut mit aller Macht aus („Nur angesichts des Todes wird das Selbst des Menschen geboren“, Cicero). Je geringer die Zufriedenheit im Leben, desto größer die Todesfurcht („Lebe dein Leben. Werde, der du bist. Stirb zur rechten Zeit. – Nietzsche“).

Todesfurcht ist die Mutter aller Religionen. Gott, Überkulturell formuliert, mildert häufig nicht nur den Schmerz der Sterblichkeit durch irgendeine Vision von ewigem Leben, sondern lindert auch die furchterregende Isolation durch die Option einer ewigen Präsenz und liefert einen klaren Plan für ein sinnvolles Leben. Die Angst vor dem Tod erzeugt Probleme, die zunächst nicht direkt mit der Sterblichkeit in Beziehung zu stehen scheinen. Furcht vor dem Nichts heftet sich schnell an ein greifbares Objekt an („Furcht vor dem nichts versucht immer, Furcht vor etwas zu werden“, Rollo May). Für viele Eltern stellen z.B. Kinder ein ‚Unsterblichkeitsprojekt‘ dar.

Man kann jemandem, der dem Tod gegenübersteht, keinen größeren Dienst erweisen, als ihm die reine Anwesenheit anzubieten. Beziehung hat Priorität. Springen Sie hinein. Kommen Sie den anderen in jeder Weise nahe, die Sie als geeignet empfinden. Sprechen Sie aus dem Herzen. Offenbaren Sie Ihre eigenen Ängste. Improvisieren Sie. Es ist nie zu spät. Sie sind nie zu alt.

Wir müssen die Rudimente eines medizinischen Modells aufgeben, das postuliert, Patienten seien von einem seltsamen Leiden befallen und bräuchten einen leidenschaftslosen, fehlerfreien, distanzierten Heiler. Wir sind alle mit demselben Schrecken konfrontiert, der Wunde der Sterblichkeit, dem Wurm im Kern unserer Existenz.

(frei zusammengestellt aus Irvin D. Yalom in ‚In die Sonne schauen‘)