‚Macht‘ wirkt sich gestaltend aus: Wir sind der Macht durch normierte Wahrheiten unterworfen (Wahrheiten im Sinne konstruierter Ideen, denen Wahrheitsgehalt zugeschrieben wird), die unser Leben und unsere Beziehungen formen. Diese Wahrheiten werden wiederum durch die Anwendung von Macht hervorgebracht. So sind Macht und Wissen untrennbar verbunden. Macht kann nur im Einklang mit einem bestimmten System ‚wahrer‘ Überzeugungen ausgeübt werden. Wir unterliegen der Produktion von Wahrheit durch Macht und wir können Macht nur durch die Produktion von Wahrheit ausüben. Wir sind gezwungen, in einem Netzwerk von Macht/Wissen zu handeln; darin unterliegen wir den Auswirkungen der Macht und üben diese gleichzeitig im Hinblick auf andere aus.

Im Zeitalter einer immerwährenden Überprüfung und selbstverständlicher Objektivierung haben wir eine Gesellschaftsform der Normierung geschaffen, in der die Folter/Bestrafung früherer Souveräner Macht durch Bewertung ersetzt wurde. Diese Form der Macht etabliert sich zwischen den Zeilen durch Bewertungen darüber was normal, was recht und unrecht ist. Eine Unterwerfung unter die besagten ‚Wahrheiten‘ (Normen) führt in der Regel zu einem Gefühl des Unvermögens gegenüber diesen Erwartungen. Menschen werden zu ‚fügsamen Körpern‘.

Wie bei dem Machtmechanismus eines Panoptikon ist wesentlich, dass die Quelle der Macht unsichtbar bleibt. Ein Mensch der immer sichtbar ist und dies auch weiß, übernimmt Verantwortung für die Zwänge der Macht; er macht sich spontan zu ihrem Spielball; er beteiligt sich an den Machtverhältnissen, wobei er gleichzeitig beide Rollen, die des Mächtigen und die des von der Macht Betroffenen, übernimmt; er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung. Wie im Panoptikon, ist es die Tatsache, immer gesehen zu werden bzw. die Möglichkeit, ständig gesehen werden zu können, die den disziplinierte einzelnen in seiner Unterwerfung hält. Es ist eine Maschinerie, in der alle eingefangen sind: diejenigen, die die Macht ausüben ebenso, wie diejenigen, die ihr unterworfen sind.

(frei zusammengestellt nach Michel Foucault und Michael White)