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für systemisch, konstruktivistisch arbeitende Coaches, Berater, Therapeuten und alle Interessierten

Lebens-Geschichten

Konstruktivistisch Posted on So, April 22, 2018 17:16:10

Der Mensch verleiht seinem Leben und seinen Beziehungen eine Bedeutung, indem er seine Erfahrungen erzählt (auch sich selbst) und er führt diese Lebens-Geschichten so aus, dass er sein Leben und seine Beziehungen entsprechend gestaltet.

Der Mensch ist so reicht an gelebter Erfahrung, dass er sich nur einen Teil der Erfahrung erzählen und ausdrücken kann und ein Großteil der gelebten Erfahrung unberücksichtigt bleiben muss. Dieser herausgefallene Aspekt bietet eine reichhaltige Quelle für die Verfassung oder Neufassung alternativer Geschichten. Die Überlebensfähigkeit dieser neuen Geschichten und deren Aneignung lässt sich verbessern, wenn man ein ‚externes‘ Publikum hinzunimmt.

Die Zusammenfassung von Erfahrungen oder Ereignissen zu Geschichten oder Erzählungen über sich selbst ist erforderlich, damit Menschen ihrem Leben einen Sinn verleihen und darin Kohärenz und Kontinuität erkennen können.

(frei nach ‚Die Zähmung der Monster‘ von Michael White und David Epston)

Ein gutes Beispiel der ‚Gefahr der einen einzigen Geschichte‘ finden Sie auf diesem ca. 18 Min. TED Vortrag (das Video im Link hat deutsche Untertitel)..

https://www.ted.com/talks/chimamanda_adichie_the_danger_of_a_single_story?language=de



Wissen, Macht und Identität

Sprüche Posted on So, April 22, 2018 17:14:43

“Unsere persönliche Identität bestimmt sich u.a. nach dem, was wir über uns ‚wissen‘ und wie wir uns als Persönlichkeiten beschreiben. Was wir über uns wissen, ist jedoch zum größten Teil festgelegt durch kulturelle Praktiken (des Beschreibens, Einordnen, Klassifizierung, der Bewertung, der Ausgrenzung, des Ausschließens usw.), in die wir eingebettet sind. Als sprachliche Wesen sind wir alle unsichtbaren sozialen ‚Kontrollen‘ mittels vorsprachlicher Praktiken und den darin enthaltenen soziokulturellen Koordinationsmuster unterworfen. .. Daher sind auf sozialem Gebiet Wissen und Macht untrennbar miteinander verbunden.”

(Karl Tomm im Vorwort zu ‚Die Zähmung der Monster‘ von Michael White und David Epston)



Macht durch normierte Wahrheiten

Philosophie Posted on So, April 22, 2018 17:13:08

‚Macht‘ wirkt sich gestaltend aus: Wir sind der Macht durch normierte Wahrheiten unterworfen (Wahrheiten im Sinne konstruierter Ideen, denen Wahrheitsgehalt zugeschrieben wird), die unser Leben und unsere Beziehungen formen. Diese Wahrheiten werden wiederum durch die Anwendung von Macht hervorgebracht. So sind Macht und Wissen untrennbar verbunden. Macht kann nur im Einklang mit einem bestimmten System ‚wahrer‘ Überzeugungen ausgeübt werden. Wir unterliegen der Produktion von Wahrheit durch Macht und wir können Macht nur durch die Produktion von Wahrheit ausüben. Wir sind gezwungen, in einem Netzwerk von Macht/Wissen zu handeln; darin unterliegen wir den Auswirkungen der Macht und üben diese gleichzeitig im Hinblick auf andere aus.

Im Zeitalter einer immerwährenden Überprüfung und selbstverständlicher Objektivierung haben wir eine Gesellschaftsform der Normierung geschaffen, in der die Folter/Bestrafung früherer Souveräner Macht durch Bewertung ersetzt wurde. Diese Form der Macht etabliert sich zwischen den Zeilen durch Bewertungen darüber was normal, was recht und unrecht ist. Eine Unterwerfung unter die besagten ‚Wahrheiten‘ (Normen) führt in der Regel zu einem Gefühl des Unvermögens gegenüber diesen Erwartungen. Menschen werden zu ‚fügsamen Körpern‘.

Wie bei dem Machtmechanismus eines Panoptikon ist wesentlich, dass die Quelle der Macht unsichtbar bleibt. Ein Mensch der immer sichtbar ist und dies auch weiß, übernimmt Verantwortung für die Zwänge der Macht; er macht sich spontan zu ihrem Spielball; er beteiligt sich an den Machtverhältnissen, wobei er gleichzeitig beide Rollen, die des Mächtigen und die des von der Macht Betroffenen, übernimmt; er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung. Wie im Panoptikon, ist es die Tatsache, immer gesehen zu werden bzw. die Möglichkeit, ständig gesehen werden zu können, die den disziplinierte einzelnen in seiner Unterwerfung hält. Es ist eine Maschinerie, in der alle eingefangen sind: diejenigen, die die Macht ausüben ebenso, wie diejenigen, die ihr unterworfen sind.

(frei zusammengestellt nach Michel Foucault und Michael White)