Wir gehen heute wie selbstverständlich davon aus, dass Eltern ihre Kinder bedingungslos zu lieben hätten und dass Kinder ein Recht darauf hätten. Historisch ist das eine Illusion. Christiane Sautter hat in ihrem Buch ‚Eltern: Wunschbild – Feindbild‘ eine Entwicklung der letzten Jahrhunderte zusammengetragen: Züchtigung, unbedingter Gehorsam, Unterwerfung im völligen Dienst an den Eltern, waren normal, zumindest in der Zeit zwischen der Antike und dem 18. Jahrhundert.

Erst mit dem Aufkommen der romantischen Liebe als Ideal, der ersten sozialen Gesetzte 1839, die die Kinderarbeit unter 9 Jahren verbot und für die anderen Kinder die Arbeitszeit auf 10 Stunden am Tag, 6 Tage die Woche beschränkte, begann sich ein Wandel abzuzeichnen. Im Proletariat wurden die Kinder überwiegend allein gelassen oder ruhiggestellt, da niemand Zeit hatte sich um sie zu kümmern. Nur die Hälfte überlebte. Es wurde empfohlen, dass Mütter und Kinder nach der Geburt getrennt wurden, damit sich die Kinder nicht von den Müttern infizieren. Erst 1985 empfahl die WHO das Gegenteil. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts kam die Idee des Förderns von Fähigkeiten auf. Auch in der Weimarer Republik und in der NS Zeit hatten Kinder kein Recht auf die Liebe der Eltern. Sie hatte dankbar zu sein durchgefüttert zu werden bis sie selbst für sich sorgen konnten. Der Staat entzog möglichst früh den Eltern den Einfluss auf die Kinder und übernahm die Prägung, denn Kinder waren die stille Reserve und sollten auf ihren künftigen Einsatz eingeschworen werden. Einer ganzen Generation wurde eingebläut ihre eigenen Schwächen zu hassen, persönliche Bedürfnisse zurückzustellen oder diese nicht wahr zu nehmen und die Kontrolle unter allen Umständen zu behalten. Erst mit dem Wirtschaftswunder hatten viele Familien eine sichere Lebensgrundlage, die Mütter konnten zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern und die Väter begannen sich langsam für ihre Kinder zu interessieren. Historisch eine neue Entwicklung.