Die Vorstellung, dass Sie in Ihrem Wesen reine Freunde und vollkommener Friede sind, läuft allem zuwider, was Sie über sich gelernt haben. Es gibt in unserer Kultur verschiedene Aussagen zum Wesen der Menschen und keine ist besonders erhebend. Die offensichtlichste ist die Doktrin über die Erbsünde, die von einem großen Teil der westlichen Christenheit getragen wird. Wegen des Sündenfalls (Adam und Eva übertreten das göttliche Gebot) wurde die Menschheit verdammt in Sünde geboren zu werden und eine niedrige Veranlagung zu haben. Unsere Leidenschaften sind der Beweis unseres Lebens in Sünde. Wir müssen unsere leidenschaftlichen Gefühle und Impulse ständig unter Kontrolle halten und erinnern uns dadurch ein Leben lang an unsere grundsätzliche Sündhaftigkeit. Einen weiteren Einfluss hat Darwins Evolutionstheorie gehabt. Er postulierte, dass unsere selbstsüchtige Natur das Produkt unserer Gene sei, die uns dazu programmiert hätten, in einer feindlichen, von Wettbewerb geprägten Umwelt um unser Überleben zu kämpfen (’selbstsüchtige Gen‘). Dies hat sich auch in einigen Richtungen der Psychologie niedergeschlagen, die lehren, dass alles was wir tun, dazu dient, unser Vergnügen zu maximieren oder unseren Genpool zu erweitern (Freud’sche Psychoanalyse; Verhaltens- und Evolutionspsychologie). Die Entwicklungspsychologie, die Basis der Lerntheorien, die unser Erziehungssystem dominiert ist der Ansicht, dass wertvolle Eigenschaften, wie Moral, Einfühlungsvermögen und Respekt quasi von außen in uns hineingepumpt werden müssen, weil wir nichts in uns tragen, dass diesen Werten entspricht. All das lehrt uns nach außen zu schauen, um zu bekommen, was wir brauchen, statt es in uns selbst zu finden.

(nach IFS, Ein Weg zu mehr Selbstführung; Richard C. Schwartz)