Das von Richard C. Schwartz (nicht zu verwechseln mit dem Pseudonym ‚Richard Schwartz‘ eines deutschen SiFi Autors) vorgestellte IFS (Internal Family Systems) Modell erweitert die Methoden des intrapsychischen Prozesses und des systemischen Familienprozesses. IFS geht davon aus (wie im Coaching), dass die Menschen alle Ressourcen besitzen, die sie brauchen. Sie werden nur von polarisierten Beziehungen innerhalb ihrer selbst, als auch mit Mitmenschen, gehindert ihre Ressourcen zu nutzen. In der Zusammenarbeit mit dem Klienten, können Zwänge aufgelöst und Ressourcen freigelegt werden.

Statt die menschliche Psyche als eine Einheit zu betrachten, führt das Modell der Multiplizität (verschiedener Teile) zu einem System interagierender Bewusstseinsformen. Vorläufer des Modells der ‚Vielfalt der Psyche‘ waren z.B. Roberto Assagioli (Psychosynthese) und Carl Gustav Jung (aktive Imagination). Jeder hat nach Schwartz dabei neben seinen Teilen (Teilpersönlichkeiten) ein Selbst, das anderes als die Teile ist. Das Selbst verfügt über Klarheit und andere Eigenschaften, die zu einer effektiven Führung notwendig sind. Die Qualitäten des Selbst sind unter anderem: Ruhe (körperlich und geistig), Klarheit (fähig Situation ohne Verzerrung durch extreme Überlegungen oder Gefühle wahrzunehmen), Neugierde (ohne vorschnell zu urteilen, wie ein Kind in seiner Wissbegier), Mitgefühl, Zuversicht, Mut, Kreativität, Verbundenheit, Freude, Humor, Versöhnlichkeit und Dankbarkeit.

Menschliche Systeme streben nach Gleichgewicht, Harmonie, Führung und Entwicklung. Ein Mensch organisiert sich so, dass das Selbst um jeden Preis geschützt wird. Im Falle eines Traumas oder einer intensiven Emotion, trennen Teile das Selbst von den Gefühlen des Körpers ab (dissoziieren). Dadurch, dass die Teile das Selbst auf mehr oder weniger extreme Art schützen mussten, verlieren sie das Vertrauen in dessen Fähigkeit zur Führung und meinen, sie müssten selbst die Führung übernehmen. Menschen haben zu ihren Teilen so ziemlich dieselbe Beziehung, die ihre Eltern zu eben diesen Teilen hatten.

Systeme im Ungleichgewicht neigen zu Polarisierung. Jedes Mitglied der Polarisierung hat Angst, wenn es sich zurückzöge, gewänne das andere oder das System erleide Schaden. Je schlimmer und länger jemand verletzt wurde, desto polarisierter ist das System der Person gewöhnlich. Wie das Bild zweier Matrosen, die sich über beide Seiten des Bootes hinauslehnen um es zu stabilisieren: je mehr sich der eine über Bord lehnt, desto mehr muss der andere es kompensieren. Beide sind in ihren Positionen stark eingeschränkt und keiner mag eigentlich seine Extremposition, dennoch würde das Boot kentern, wenn nur eine der beiden Positionen verlassen würde, während das Boot allein, ohne die extremen Bemühungen es zu stabilisieren, ziemlich stabil wäre. Die einzige Lösung wäre, wenn sie sich beide gleichzeitig nach innen bewegen würden. Da sie aber kein Vertrauen zu einander haben, muss ein Dritter helfen. Ein Dritter (Kapitän), dem sie beide vertrauen und der ihnen versichert, dass der jeweils andere seine Position aufgibt.

Menschliche Systeme organisieren sich dabei in drei Gruppen: die Manager (schützend, strategisch, kontrollierend, um Sicherheit bemüht), die Verbannten (sensibel, evtl. verletzt oder wütend) und die Feuerbekämpfer (heftig und automatisch reagierend, wenn die Verbannten aufgeregt sind, versuchen sie die Gefühle zu unterdrücken oder zu besänftigen). Die meisten Menschen, selbst die, die nie ernstlich verletzt wurden, sind innerlich in diesen drei Gruppen organisiert, da wir sozialisiert wurden, verschiedene Teile zu verbannen, was dann auch die Rollen der Manager und Feuerbekämpfer notwendig macht.

Erwachsene reagieren auf verletzte Gefühle eines Kindes auf die gleiche extreme Art, wie sie auf die verletzten Teile ihres eigenen inneren Kindes reagieren: mit Ungeduld, Verleugnung, Kritik, heftiger Erregung oder Abscheu. Manager-Teile lernen diese Haltungen zu übernehmen und halten das Selbst davon ab, sich um die jüngeren Teile zu kümmern. Wie jede unterdrückte Gruppe werden Verbannte immer extremer und verzweifelter und suchen nach Gelegenheiten auszubrechen und ihre Geschichten zu erzählen. Überdies können Verbannte zu Auffangstellen für Gefühle werden, die andere Teile nicht haben wollen (z.B. die Teile – die Manager – die das Leben lenken müssen). Wenn die Verbannten die Kontrolle übernehmen, bringen sie den Menschen oft in Gefahr. Z.B. können sie nach einem Befreier suchen, welcher der Person ähnelt, die sie ursprünglich zurückgewiesen hat. Unter Umständen bezahlen sie selbst für kleine Mengen an Liebe, Annahme, Schutz einen hohen Preis für die Hoffnung gehört und befreit zu werden. Wenn die Verbannten vollkommen die Führung übernehmen, können wir handlungsunfähig werden, besessen sein, unfähig zu schlafen oder uns zu konzentrieren, ständig aufgeregt oder depressiv. Es gibt noch andere Gründe unsere Verbannten zu fürchten. Sie lassen uns in einer Weise fühlen und handeln, die von anderen geringgeschätzt oder ausgenutzt wird. Für Männer z.B. bedeutet Verletzlichkeit in der typischen westlichen Sozialisierung, Demütigung. In unserer Kultur muss ein Mann in der Lage sein, sich sehr schnell von jeglichen schmerzlichen Gefühlen abzuschneiden, ihre verletzbaren Teile zu verbannen. Es ist kein Wunder, dass Männer ihre Verzweiflung für sich behalten

Manager leben in der Furcht, dass die Verbannten ausbrechen, fliehen könnten und vermeiden Situationen, die die Verbannten aktivieren könnten und versuchen deren Gefühle, Empfindungen oder Erinnerung nicht in das Bewusstsein vordringen zu lassen. Manager können höchst intellektuell sein und wirkungsvoll Probleme lösen aber auch davon besessen sein, Gefühle von sich zu weisen. Als Streber, Kontrolleur, Kritiker und strenger Zuchtmeister sind sie häufig perfektionistisch. Ein anderer Type Manager, als passiver Pessimist, kann Leistungen sabotieren und das Selbstvertrauen zerstören, oder als Sorgenmacher und Wachposten nur die schlimmsten Möglichkeiten aufzeigen und so den Menschen vor Risiken schützen. Andere mögliche Manager Werkzeuge sind Zwänge, Zwangsvorstellungen, Zurückgezogenheit, emotionale Distanz, Phobien, Angstanfälle, somatische Beschwerden, depressive Episoden, Überwachsamkeit oder Alpträume. Immer ist es Ziel, das die gefürchteten Gefühle und Gedanken nicht nach außen dringen, sodass das System sicher bleibt und der Mensch im Leben funktionieren kann. Manager kontrollieren, überprüfen fortwährend auf Risse in ihren Masken von Unverzichtbarkeit, Freundlichkeit oder Perfektion. Auf der Grundlage der Reaktion aus der Außenwelt, aber auch, um ihren schützenden Zwecken zu dienen, entwickeln sie Überzeugungen von ‚Ich bin..‘. Eine nette Person schickt beispielsweise ihre ärgerlichen oder aggressiven Teile in die Verbannung; jemand, der hart arbeitet, gibt seinen verspielten Teilen nicht viel Zeit und eine starke Person versteckt ihre verletzlichen Teile. Manager erschaffen ihre Wirklichkeit. Sie sind für Internalisierung in unserem System zuständig und glauben unser Überleben hänge von der Gnade der äußeren Welt ab. Sie wollen die Welt verändern, damit sie vorhersagbarer und weniger bedrohlich ist und haben Angst vor den Konsequenzen, wenn sie ihre Macht abgeben.

Sollten trotzt größter Anstrengungen der Manager, Verbannte einmal drohen auszubrechen, werden automatisch die Feuerbekämpfer aktiviert. Sie nehmen der Person die Kontrolle, sind impulsiv, gedankenlos, reaktiv. Ihre Maßnahmen umfassen oft sich betäubende Aktivitäten (Selbstverstümmelung, unmäßiges Essen, schützende Wut, Drogen oder Alkoholmissbrauch, den Trost von Selbstmordgedanken, exzessive Masturbation, oder Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern ohne dauerhafte Bindung), ohne Rücksicht auf Gefahren für den Menschen. Ihre Absicht ist schützend, auch wenn die Handlungen, die sie begehen, selbst destruktiv sind. Feuerbekämpfer sind reaktiv. Sie werden aktiv, sobald die Verbannten aufgewühlt sind und Feuer aufflammt. Ihre Dringlichkeit macht sie auf impulsive Art gleichgültig gegenüber den Konsequenzen. Es sind die Teile, die uns dick, abhängig, feindselig, angeberisch, kränklich, unsensibel und impulsiv machen können.
Zusätzlich können Teile Lasten, extreme Gefühle, Gedanken, Verhaltensweisen oder Gefühle übernehmen, die im Leben von einer Person abgeleitet wurden. Insbesondere junge Teile sind dafür empfänglich.

Tatsächlich ist der Vorgang, sich auf sich oder auf einen Teil von sich zu konzentrieren und ihn zu bitten ‚zurück zu treten‘ einer Form der Meditation ähnlich. Therapeut oder Coach arbeiten mit dem Selbst des Klienten zusammen als wäre er Ko-Therapeut/Ko-Coach. Oft erledigen die Klienten einen Großteil der inneren Arbeit zwischen den Sitzungen.

(aus IFS – das Innere Familien System und IFS – Das System der Inneren Familie. Ein Weg zu mehr Selbstführung)