Ist es nicht so, dass immer irgendetwas nicht stimmt? Mal weniger, mal mehr, aber bohrt nicht immer etwas in uns herum, und sagt, dies musst du in Ordnung bringen, jene Termine musst du schaffen, das und das musst du regeln – dieser Teil in uns, der die Perfektion anstrebt, der möchte, dass alles rund läuft.. Dieser Teil ersehnt ein Paradies, er unterhält die Heilsfantasie, dass es einmal eine Zeit geben wird, wo wir unser Leben genießen, ohne etwas leisten zu müssen. Besser, genussvoller als heil sein zu wollen, ist es hingegen, nicht mehr heil sein zu wollen und anzuerkennen, dass etwas in uns nicht und nie repariert werden kann. Das ist der Ausstieg aus der unbewussten Identifizierung mit der kindlichen Heilsfantasie. Wenn wir nicht mehr ganz und heil sein wollen, können wir uns ganz unserer Unvollkommenheit hingeben. Dann, es geht gar nicht anders, kommt der Humor ins Spiel.. kommt das Lachen – das Lachen darüber, wie ernst wir uns nehmen und welches Drama wir aufführen. Diese Nummer, in Ordnung zu kommen und heil sein zu müssen, ist eine Trance, ein Wahnzustand, eine kollektiv halluzinierte Hölle, Sich selbst und sein Leben immer zu einem Objekt zu machen, an dem herumgedoktort wird, um es zu verbessern und perfekt zu machen, das ist ein Wahnsinn, der so kollektiv betrieben wird, dass er selbstverständlich erscheint. Dies ist die Konditionierung schlechthin: heilsein zu wollen und sich zu einem optimierbaren Objekt zu machen. Kennzeichen dieser Konditionierung .. ist Druck. Wenn wir das Leben verpassen, herrscht immer Druck. Nun werden mache sagen, ich stehe aber dauernd unter Druck. Dann arbeite ich also ständig gegen das Lebendige in mir an? Exakt! Je mehr Druck, desto toter sind wir. Und nur so, indem wir uns beständig abtöten und unter Druck stehen, können wir funktionieren. Funktionieren können, der Irrglaube, funktionieren zu müssen, ist der Abgesang an das Leben, an das Kind in uns.

(aus ‚Traumaheilung durch Radikale Erlaubnis‘, Mike Hellwig)