In dem Artikel “Das Sein und das Nichts“ hatte ich die Seinsphilosophie Heideggers als eine wichtige Grundlage für Sartre erwähnt. Was kann Heidegger uns außerdem noch mitgeben? Die zentrale Frage in seinem Werk “Sein und Zeit” lautete ‚Was ist der Sinn vom Sein?’ Vereinfacht: Der Mensch ist ein Lebewesen, dem es sich in seinem Leben um dieses selbst geht. In seiner phänomenologischen Betrachtungsweise (die er von Husserl übernommen hat) hat sich Heidegger unser Alltagsverständnis von Sinn angesehen (“Alltäglichkeit deckt sich nicht mit Primitivität. Alltäglichkeit ist vielmehr ein Seinsmodus des Daseins ..”).

Er stellt fest, dass, wenn die Menschen “ist” sagen oder “ist” denken, sie den Dingen und sich selbst bereits einen Sinn geben. Wir interpretierend die Welt in jeder Sekunde auf irgendeine Art und Weise.

Heidegger stellt dabei die These auf, dass die meisten Menschen den Sinn ihres Lebens verfehlen, da wir in der Regel nur das tun, was “man” gerade tut, was modern usw. Wir würden uns so sehr von fremden Interessen leiten lassen, dass wir oft nicht mehr Wir sind, sondern die Anderen. Ein “Verfallensein” an ein anonymes “Man”. Diese Lebensweise sei sehr bequem und deshalb weit verbreitet. Dennoch sei es eine Flucht. Obwohl der Sorgecharakter unseres Daseins verlangt, dass wir für uns selbst sorgen, überlassen wir uns im Modus des Verfallenseins die Ausgestaltung der Welt Anderen, der Mehrheitsmeinung, den allgemeinen Regeln und Konventionen und somit letztlich an “Allen und Niemandem”.

Es bedürfe in der Regel einer existentiellen Krise, in der die Man-Welt zusammenbricht und wir eine Chance bekommen uns zu befreien und eine Möglichkeit zu spüren, unser eigenes Selbstseinkönnen zu ergreifen. Eine solche Krise / Stimmung, ist die Stimmung der Angst, die uns unser ganzes bisheriges Leben in Frage stellen lässt, uns in unseren tiefsten Fundamenten erschüttert. Heidegger unterscheidet dabei im gleichen Sinn wie Sartre zwischen Angst (unbestimmt) und Furcht (bestimmt). Doch gerade diese Angst, eröffnet uns eine Chance uns selbst zu finden (“Freisein für die Freiheit des Sich-selbst-wählens und -ergreifens.”). Diese Angst, sei eine Art Lebensangst. Der Sorgencharakter des Daseins selbst wird dann zur Bedrohung. Aus dieser Stimmung der Angst (in einem Spätwerk ergänzt er, auch aus einer Stimmung der “Gelassenheit” heraus..) haben wir die Wahl wieder in die scheinbare Sicherheit des anonymen ‚man’ zurückzukehren, uns selbst zu finden oder radikal die Nicht-Übernahme des In-der-Welt-seins durch Suizid (‚äußerste Möglichkeit der Freiheit’). Wenn wir, angesichts des “Nichts” uns dafür entscheiden, leben zu wollen, erst dann, übernehmen wir Verantwortung für unser Leben uns unsere Entscheidungen. Außerdem empfiehlt uns Heidegger, der Gewissheit des Todes nicht einfach auszuweichen (zu verdrängen) sondern uns mit der Tatsache unseres Ablebens vertraut zu machen (siehe auch ‚Tod und Trauer‚).

Heutzutage würden wir Gefahr laufen, von einer rein technischen Wahrnehmung der Welt überrollt zu werden und dabei unsere Offenheit für den Sinn vom Sein zu verlieren. Wir sehen die Natur, die Welt und uns selbst nicht mehr unvoreingenommen, sondern nur noch unter dem Aspekt der Machbarkeit (Wie kann man das möglich machen? Wie können wir noch erfolgreicher und effizienter werden?). Diese Art nennt Heidegger ‚stellen’. Wir geben allem und jedem eine bestimmte Ausrichtung, mit der Gefahr, selbst unter das “Ge-stell” der Technik zu geraten und zu “Ge-stellten” zu werden, die dann ihre Welt und Mitmenschen nur noch funktional begreifen können. Das technisch-naturwissenschaftliche Denken (letztlich das Rechnen) hat sich als einzig anerkanntes Denken etabliert. Das berechnende Denken beherrscht nicht nur den Umgang mit der Natur, sondern auch den Umgang mit den Menschen. Nichts ist ohne Grund. Für alles und jedes muss es einen Grund geben. Jede Idee muss rational begründet werden. Alles muss berechenbar und nachvollziehbar sein. Wir wachsen auf mit dem Satz “Nichts ist ohne Grund.” (Nihil est sine ratione) . Heidegger empfiehlt eine Abkehr von diesem Denken, die sogenannte “Kehre” und ein besinnliches Denken, das wieder das Ganze in den Blick nimmt.